Beim Fördecup 2014 wurde es in Kiel kriminell. Laut kryptischer Ausschreibung wurden Ermittler für einen Spezialeinsatz gesucht. Er setzte sich aus einer Synchronübung, die von vier Springern gleichzeitig absolviert wird, und einer Zweiersynchronkür mit Musik und Showeinlage zusammen. Gesprungen wurde wie üblich auf dem Großtrampolin. Neben Haltung, Schwierigkeit und Synchronität wurden Musik, Kostüm, Publikumswirkung und Kreativität bewertet.
TKKG und die Baraniganster
~~~~~~~~~~~~ PFEIFEN UND TITELMUSIK ~~~~~~~~~~~~
Endlich Wochenende! Die TKKG-Bande war unterwegs ins Ferienlager. Drei Tage voller Zelten, Meer, Trampolinspringen und ohne die mahnenden Kommentare ihrer Eltern lagen vor ihnen. Die lange nächtliche Autofahrt ins weit entfernte Kiel verlief stau- und problemlos. Obwohl es bei ihrem Donnerstag-abendlichen Zusammentreffen in der TKKG-Stadt zuvor nicht den Anschein gemacht hatte. Da Klößchen, sobald er im Auto saß, über starke Bauchschmerzen und Hungergefühle geklagt hatte, mussten Tim, Karl, Gaby und Oskar wohl oder übel einen Abstecher in den nahegelegenen Supermarkt in Kauf nehmen, bevor die Reise beginnen konnte. Unterwegs beschwerte sich Gaby darüber, immer noch kein gutes Gefühl zu haben, mit dem Auto unterwegs zu sein, zumal Zugfahren so viel umweltschonender sei und gerade sie ein Vorbild für andere sein sollten. Karl konnte sie jedoch mit einem Referat über die Effizienz von voll besetzten Fahrzeugen und neuen Elektrotechnologien beschwichtigen. Ausgelöst wurde die Debatte durch einen aufgemotzten Flitzer, der den Freunden auf der Fahrt durch seine unverantwortliche und spritverschlingende Fahrweise aufgefallen war. Im Wagen konnten die vier einige feiernde Jugendliche erkennen, von denen einer während eines riskanten Überholmanövers das Fenster herunterkurbelte und grölend seinen Kopf in den Fahrtwind streckte. Tim konnte dies nur damit kommentieren, dass so viel Blödheit nur durch ein paar Schläge auf selbigen beizukommen sei, was wiederum ein entnervtes Seufzen Gabys zur Folge hatte. Ansonsten verlief die Fahrt reibungslos.
Nachdem sie ganz Deutschland einmal durchquert hatten, kamen die vier Freunde und Oskar weit nach Mitternacht endlich am Ziel an. Vor lauter Freunde über ihre Ankunft drehten sie gleich mehrere Ehrenrunden auf einer vierspurigen Straße, bis sie sich überwinden konnten, entgegen all ihrer Prinzipien in die für Kraftfahrzeuge gesperrte Zufahrt zum Zeltplatz einzubiegen. Rasch wurden andere Zeltlagerteilnehmer begrüßt, kennengelernt und die Zelte aufgeschlagen. Zur nächtlichen Zahnpflege traten die vier einen mehrere hundert Meter umfassenden Fußmarsch zur nächsten Waschgelegenheit an, was in Klößchens Fall von murrenden Kommentaren begleitet wurde. Anschließend wurden die Schlafplätze bezogen und so viel Schlaf wie möglich getankt.
Am kommenden Morgen erwartete Willi ein regelrechter Schock, als sich langsam aber sicher herumsprach, dass es freitags kein Frühstück für die Zelter geben würde. Tim, der als erster erkannt hatte, dass die Halle mit den Trampolinen bereits geöffnet war, entgegnete: „Mit vollem Magen soll man sowieso keinen Sport machen“, und stürzte sich in die Turnhalle. Klößchen folgte ihm schlurfend: „Ich hab ja nicht vor zu springen. Wenn ihr euch bei euren waghalsigen Saltoversuchen unbedingt den Hals brechen müsst, bitte. Ich esse lieber Schokolade.“
Vor- und Nachmittag vergingen mit Trampolinspringen, wobei Karl in grenzenloser Verzückung über sein neues Weitwinkelobjektiv grandiose Bilder von den anderen machte und Gaby am Plan für die gemeinsame Kür am Samstagnachmittag feilte. Nachdem Tarzan alle, inklusive Willi und Oskar, zu mehreren Probedurchläufen ihrer Kür bewegt hatte, zerrten die anderen ihn aus der Turnhalle zum Auto, weil Gaby unbedingt das Meer sehen wollte.
Kaum angekommen, nutzte Tim die Gelgenheit zum Training und stürzte sich trotz unterirdischer Luft- und Wassertemperaturen in die Fluten. Gaby übte sich währenddessen am Strand im Handstand und warf Stöckchen für Oskar. Karl machte Aufnahmen von der Natur und den anderen, als ihm eine Gruppe jugendlicher Gangster ganz in der Nähe auffiel, die offensichtlich am Strand gegrillt hatten und nun ihren Abfall in die Dünen kippten. Als er ein paar belehrende Worte an die Gruppe richtete, wurden diese ausfällig. Als einer von ihnen handgreiflich zu werden drohte, war Tarzan, der die Szene von Weitem beobachtet hatte, sofort zur Stelle, um ihm mit einem Judotrick den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Und jetzt nehmt euren Müll und verschwindet. Und denkt dran, sollte ich euch nochmal bei so einer Aktion erwischen, brech ich euch alle Knochen einzeln.“ – „Komm, Tim. Die haben ihre Lektion gelernt“, Gaby pustete sich den Pony aus der Stirn und zupfte Tarzan am Ärmel. Karl machte ein nachdenkliches Gesicht und schaute den sich entfernenden Umweltsündern nach: „Irgendwie kam mir die Visage von diesem einen besonders brutal aussehenden Typ so bekannt vor. Wenn es nicht den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit widersprechen würde, würde ich glatt meinen, das sind die gleichen Typen wie gestern auf der Autobahn.“ – „Du hast Recht, Karl“, bestätigte Tarzan, „so einen Gesichtsunfall sieht man selten. Obwohl es ja leider viel zu viele solcher Typen gibt, die achtlos mit der Natur umgehen. Ich kenne sie sogar. Gestern Nacht wars zu dunkel, aber jetzt bin ich mir sicher. Das ganze Pack kommt aus unserer Stadt. Sie nennen sich „die Baranigangster“, hängen meistens auf der Straße rum und wissen nichts mit sich anzufangen, seit sie von der Schule geflogen sind.“
Klößchen hatte die ganze Zeit über geduldig auf seinem Handtuch gewartet und nervös mehrere Tafeln Schokolade vertilgt. Ihm wäre es lieber gewesen, schon vor dem Ausflug an die Förde die Grillgüter fürs Abendessen zu besorgen. Wer wusste schon, wie lange die Supermärkte in einer Stadt geöffnet hatten, in der Bäckereien so klangvolle Namen wie „Mordhorst“ trugen? Seine Sorge erwies sich jedoch als unbegründet. In einem nahegelegenen Viertel ausschließlich bestehend aus Supermärkten deckte sich die TKKG-Bande mit allem ein, was das Grillerherz begehrte, inklusive vegetarischen Paprika mit Fetafüllung für Gaby selbstverständlich.
Obwohl der Grillboden sich nicht als sonderlich stabil erwies, was dinosauerierfußabdruckähnliche Brandlöcher in der Wiese vor den Zelten zufolge hatte, taten die Grills ihren Dienst und alle wurden satt. Nach dem Essen bildeten die Freunde auf der Wiese einen großen Haufen bestehend aus Schlafsäcken, Isomatten und menschlichen Gliedmaßen und unterhielten sich bis spät in die Nacht. In der Ferne waren Lichter und leise Klänge der nahen und angeblich ausverkauften Sportlerpaady zu vernehmen. Richtig bemerkbar machte sie sich aber erst, als sich die Sportler, wesentlich lauter als ihre Party, auf den Heimweg machten und in Bier- und Feierlaune lautstark durch die Straßen und Büsche hinter dem Zeltplatz torkelten. Gaby meinte, die Stimme eines Baranigangsters erkannt zu haben wie er mit Schlitzerschorschs Hilfe Kippenkalle zum Jux eine leere Bierflasche über den Kopf zog. Augenverdrehend wälzte sie sich von links nach rechts. Tarzan war schon im Begriff draußen für Ruhe zu sorgen, damit seine Liebste ungestört weiterschlummern konnte, als sich die jugendlichen Randalierer von alleine trollten.
Am nächsten Morgen war die Aufregung bei den TKKG greifbar zu spüren. Nach der unverschuldet kurzen Nacht und einem stärkenden Frühstück begann der Wettkampf. Alle gaben ihr mehr oder weniger Bestes, was bei Weitem nicht ausreichte, um vordere Plätze zu erzielen. Allein Tarzan schaffte es in seiner Wettkampfklasse bis aufs Podest! Auch manche Kommentare der Wettkampfleitung trugen durchaus zur Erheiterung des Viererteams beim Synchronspringen bei: „Abbruch nach eins. Wollt ihr nochmal?“ In den Wettkampfpausen waren alle fieberhaft damit beschäftigt, ihre Kostüme für die bevorstehende Kür zu präparieren. Gaby bereitete außerdem ein kleines Dankeschön für die Gastgeber des Zeltlagers vor.
Am Nachmittag begannen endlich die Kürübungen. Es wurde so kriminell, theatralisch, kitschig, kindisch, feministisch und arienhaft, wie es sich für einen Trampolinwettkampf gehört. Tim, Karl, Klößchen und Gaby trafen auf unzählige Krimihelden, unter anderem mehrere Doppelgänger und ihre Kumpels der drei Fragezeichen. Leider wurde die Darbietung von TKKG durch den ungeplanten Auftritt der Baranigangster gestört, die ihre moralische Niederlage vom Strand noch nicht verkraftet hatten. Sie schlenderten rauchend und Bier trinkend auf die Bühne und pöbelten die Zuschauer an, bis Autoknacker-Andi Oskar schließlich einen Tritt verpasste. Das war zu viel für Gaby, die sich „Oskar!“ rufend schützend vor ihren Liebling warf und kurzerhand von Finsterface-Frank geschnappt wurde. Rasch entbrannte ein schneller Kampf zwischen den Gangstern und der TKKG-Bande, in dem Tim mit wenigen Handgriffen alle Gegner außer Gefecht setzte und zu dessen krönendem Abschluss sich ihm die „oh, Tim, Tim!“ seufzende Gaby um den Hals warf. Alles in allem tat der kurze Zwischenfall der Show keinen Abbruch und die TKKG-Freunde ernteten nicht zuletzt dank Tims überragender Trampolinleistung begeisterten Beifall für ihre Darbietung.
Nach der Übergabe der Gastgeschenke und einer erholsamen Dusche ging es zum Abendessen, wo wiedermal gegrillt wurde, was Karl zu einem Monolog über abwechslungsreiche Ernährung animierte. Klößchen pflichtete ihm bei und machte sich begeistert über die Vanille-Frischkäse-Schokoladenmuß- Nachtischbecher her. Den Abend und die in Kiel fast zur Sommersonnwende kurze, aber kalte, Nacht verbrachten die Freunde mit wärmenden Aktivitäten wie Volleyball, Tanzen, in Massageketten, beim Gummitwist und schließlich in ihren Schlafsäcken.
Dort freuten sich die TKKG-Freunde über ein äußerst gelungenes Kielwochenende, bevor sie am Sonntagmorgen gut gelaunt ihre Zelte abbauten, sich von neu gefundenen Freunden verabschiedeten und den weiten Weg in die Heimat antraten.